Hinter einer Regentonne und hohen Brennnesseln verborgen ist Flecki wieder aufgetaucht. Dies ist aber keine harmlose Meldung über die Rückkehr eines entlaufenen Hundes. Der schwarze Mischlingsrüde mit weißer Brust hat es in den vergangenen knapp zwei Wochen in zig Medien geschafft.
Fleckis Besitzer harrten tagelang an einem Rastplatz an der Autobahn 8 bei Ulm aus. Unbeteiligte pilgerten vorbei, um bei der Suche zu helfen. Das nahm zeitweise skurrile Züge an, bis sich der Tierrettungsverein UNA einschaltete. Der vermeldete am Samstag dann auch das Ende der «Odyssee». Er sei überglücklich, bestätigt Besitzer Sven Hossalla kurz am Telefon. Mehr sagt er nicht.
Angefangen hat alles in Kroatien: Hossalla und seine Partnerin Lisa Metzler machen dort nach UNA-Angaben seit Jahren Urlaub und engagieren sich hin und wieder bei der Tierhilfe. Dort lernte das Paar im vergangenen Jahr Flecki kennen – und lieben. Ein Jahr machten die beiden sich Gedanken, ob sie sich einen zweiten Hund anschaffen wollen. Drei Tage vor der Rückfahrt ins heimische Longuich bei Trier nahmen sie ihn mit. So erzählt es UNA-Sprecherin Angela Kazmaier.
Doch dann passiert es. Bei einem kurzen Stopp an der A8 läuft der scheue, vier Jahre alte Hund wegen eines lauten Knalls davon. Hossalla und Metzler beschließen, auf seine Rückkehr zu warten. Das ist überhaupt möglich, weil er selbstständig und sie von der Arbeit in der Gastronomie freigestellt sei, erklären sie nach einer Woche.
«In all den Jahren habe ich das noch nie erlebt, dass jemand so lange an einem Ort ausharrt in dem festen Glauben, dass der Hund zurückkommt», sagt Tierretterin Kazmaier und macht deutlich: «Die haben für ihren Hund ihr eigenes Leben komplett lahmgelegt.» In der Theorie sei das richtig. In der Praxis wisse sie nicht mal, ob sie selbst so handeln würde.
Um die Raststätte finden sich Helfer. Manche kochen Kaffee, bringen Essen. Eine Frau wäscht die dreckige Urlaubswäsche. Eine Firma stellt dem Paar, das nur mit einem Auto unterwegs ist, einen Wohnwagen.
Doch als Medien davon Wind bekommen und berichten, nehmen das Warten und die Suche nach Flecki teils absurde Züge an. Unter anderem hätten Menschen mit läufigen Hündinnen versucht, den Rüden anzulocken, berichtet Kazmaier. Ein bisschen erinnert die Geschichte an Kuh Yvonne, die im Sommer 2011 in einem Wald in Bayern abgetaucht war. Dort sollte unter anderem Zuchtstier Ernst das Rind hervorlocken.
Doch der Trubel um Flecki löst das genaue Gegenteil aus: Ab und zu wird der Hund gesehen, aber er traut sich nicht zurück. Ihm fehlt die Bindung zu seinen neuen Besitzern. Als es den Tierrettern zu viel wird, schlagen sie Hossalla und Metzler einen anonymen Standort vor. Jetzt beschweren sich Leute, die extra zum Rastplatz fahren, dass weder der Hund noch das wartende Pärchen mehr zu finden seien.
Am Freitagabend dann der Anruf: Eine Frau aus dem rund 20 Kilometer entfernten Blaubeuren hat einen Hund im Garten entdeckt, den sie aus dem Fernsehen zu kennen meint. Der Zaun ist hoch, das Zufahrtstor habe sie geschlossen. Sie schickt Hossalla Fotos per Handy. Er ist sich sicher, Flecki ist wieder da. Doch jede Minute Fahrt scheint eine Ewigkeit zu sein, so liest es sich in der UNA-Meldung.
Der Mischling sei unverletzt, aber ein paar Kilo leichter, etwas dehydriert und vor allem erschöpft. Aber wohl auch glücklich, wieder bei seinen neuen Besitzern zu sein. In der Mitteilung heißt es: «Man konnte regelrecht beobachten, wie der verängstigte und verstörte Hund von Minute zu Minute mehr entspannte. Nach ungefähr einer Stunde begann er zuerst zaghaft, dann immer hingebungsvoller, Herrchens Gesicht abzulecken. Anschließend fiel er in Tiefschlaf.»