Hunde, die ihren Tubus lieben! [#plattnasen]

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Ralph Rückert – Tierarzt

Studium an der Ludwig-Maximilian-Universität in München
Niedergelassen in Ulm seit 1989

Mitgliedschaften:
Fachgruppe Kleintierkrankheiten der Dt. Veterinärmedizinischen Gesellschaft
Deutsche Gesellschaft für Tier-Zahnheilkunde
Akademie für tierärztliche Fortbildung
Bundesverband praktizierender Tierärzte e.V. (Fachgruppe Kleintierpraxis)

 

Es mag unglaubwürdig klingen, aber die Französische Bulldogge auf dem Foto ist gerade aus der Narkose aufgewacht. Die Augen schauen mich an und nehmen mich wahr! Sekunden später mussten wir den Sensor des Pulsoxymeters von der Zunge entfernen, und der Hund hat sich in die Brustlage aufgerichtet.

Jeder (jeder!) andere Hund versucht in diesem Zustand augenblicklich, den im Hals steckenden Tubus loszuwerden, weshalb er auch normalerweise deutlich früher gezogen wird. Bei Frenchies (und anderen Plattnasen) ist man jedoch gehalten, den Tubus so lange wie möglich drin zu lassen, damit nicht noch auf der Zielgeraden der gefürchtete Kollaps der Atemwege entsteht.

Bild zur Neuigkeit

Und genau dabei kommt es häufig zu diesem Moment – einem Moment, der mir regelmäßig einen kalten Schauer den Rücken runterlaufen lässt – an dem man merkt, dass diese Hunde bei vollem Bewusstsein das Gefühl genießen, zum ersten Mal in ihrem Leben mühelos (eben durch den Tubus) atmen zu können.

Ich weiß, dass ich jetzt hemmungslos vermenschliche, aber trotzdem: Zieht man den Tubus dann endlich, sieht man – ich schwöre Stein und Bein – einen Schleier der Resignation und der Enttäuschung über die zuvor fasziniert glänzenden Augen fallen. Es gibt keinen Moment, an dem die lebenslange und immer noch von viel zu vielen Besitzern ignorierte oder gar bewusst geleugnete Qual vieler Plattnasen klarer zum Ausdruck kommt. Leidergottes ist das ein Moment, den nur wir erleben.

Als ich dieses Phänomen die ersten paar Mal beobachtet habe, war ich noch geneigt, mich selber der sentimentalen Spinnerei zu bezichtigen, aber in der Zwischenzeit wurde mir meine Sichtweise dieses seltsamen und anrührenden Moments von so einigen Kolleginnen und Kollegen mit viel Plattnasen-Erfahrung mehrfach bestätigt.

Man muss sich also wohl seine Gedanken darüber machen, was es bedeutet, wenn ein Hund einen im Hals steckenden Tubus attraktiver findet als seine alltägliche Atmungssituation!

Bleiben Sie uns gewogen, bis bald, Ihr

Ralph Rückert

© KLEINTIERPRAXIS RALPH RÜCKERT, Bei den Quellen 16, 89077 Ulm / Söflingen