Hundesteuer: Der pure Luxus an der langen Leine

Ein Anwalt klagt vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen die Hundesteuer. Er hält die Abgabe für ungerecht. Den Gemeinden bringt sie jährlich knapp 260 Millionen Euro ein.

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Früher war die Sache mit dem Hund einfach: Wer keinen brauchte, der hielt auch keinen. Für unnütze Fresser war nichts übrig. Jedenfalls galt das für die kleinen Leute. Schäfer hatten Hütehunde, Bauern Hofhunde und Jäger Jagdhunde. Beim Adel allerdings gehörte die Hundehaltung zur standesgemäßen Lebensführung. Man brauchte Hunde für die Jagd, aber auch sonst waren sie allgegenwärtig, nicht nur in den Damengemächern, wie das Beispiel Friedrichs des Großen und seiner Windspiele zeigt.

Die Kosten zumindest für den Unterhalt der Jagdmeuten wälzten die Herren auf ihre Untertanen ab. Im späten Mittelalter kannte man so etwas wie einen “Hundezehnt”, eine Getreideabgabe der Bauern, die zur Ernährung der Meute außerhalb der Jagdsaison diente.

Luxussteuer für Stubenvögel und Hunde

Doch dann kam mit der Französischen Revolution das bürgerliche Zeitalter, und der Herr Meyer und der Herr Müller flanierten nicht nur rauchend durch die Stadt, sondern führten auch ihren Bello an der Leine.

Diesem bürgerlichen Treiben musste aus der Sicht der Obrigkeit entgegengetreten werden. Der preußische König Friedrich Wilhelm III. erließ 1810 eine Luxussteuerverordnung, nach der Abgaben unter anderem für Stubenvögel, Diener, Pferde, Katzen, Klaviere und eben Hunde zu entrichten waren.

200 Jahre später sind aus diesem bemerkenswerten Katalog des Luxus und der Moden nur noch die Hunde übrig geblieben. Sie sind nicht diejenigen, die den Letzten beißen, sondern die, die als Letzte noch gebissen werden – steuerrechtlich und zu Lasten ihrer Halter.

Dagegen formiert sich nun Widerstand. Der Deutsche Tierschutzbund, der Verband für das Deutsche Hundewesen, der Verein “Tasso” und die Zeitschrift “Dogs” riefen im Frühjahr die Initiative “Stoppt die Hundesteuer” ins Leben. Es soll politischer Druck erzeugt werden, nachdem der Rechtsweg erst einmal ausgeschöpft war, als das Bundesverfassungsgericht es im Januar abgelehnt hatte, sich mit einer Klage gegen die Hundesteuer auch nur zu befassen.

Mit großem öffentlichem Tamtam hat nun der Rechtsanwalt Elmar Vitt eine Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg auf den Weg gebracht. Sähe der Gerichtshof in der Hundesteuer einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention und spräche er der Bundesrepublik eine Rüge aus, dann hätte das, vom verhandelten Einzelfall abgesehen, zwar keine unmittelbaren Rechtsfolgen, aber die Legitimität der Hundesteuer wäre doch schwer erschüttert.

Der deutsche Hundehalter zahlt klaglos

Anlass, darüber nachzudenken, ob sie gerechtfertigt ist, gibt es in der Tat. Es gibt wenige Steuern, die so schwer zu begründen und gleichzeitig so allgemein akzeptiert sind. Im Bewusstsein der Bürger gab es sie “schon immer”. Selbst die etwa fünf Millionen deutschen Hundehalter sind in erstaunlichem Maße steuerehrlich und zahlen bislang klaglos zwischen 50 und 500 Euro pro Jahr und Tier.

Hundesteuer ist eine Kommunalsteuer. Die Gemeinden setzen sie fest. Auf dem Land ist sie normalerweise niedriger als in der Stadt. Die Steuer steigt bei Zweit- oder Dritthunden. Bei speziellen “Kampfhund”-Rassen beträgt die Steuer in manchen Gemeinden bis zu einem Zehnfachen des Normalsatzes. Von der Steuer befreit sind in der Regel die Halter von Blindenführhunden, Schäfer, Wachdienste und andere Personen, die berufs- oder gewerbsmäßig Hunde brauchen.

Die Hundesteuer ist nicht zweckgebunden. Sie dient also nicht dazu, Begleiterscheinungen der Hundehaltung wie verdreckte Gehsteige oder das Ausweisen von Hundeauslaufgebieten zu finanzieren. Besteuert wird streng genommen auch nicht der Hund, sondern der Aufwand, den seine Haltung erfordert. Die Gemeinden können mit dem Geld machen, was sie wollen. Sie werden die Steuer mit Zähnen und Klauen verteidigen, denn sie spült jährlich immerhin knapp 260 Millionen Euro in ihre Kassen.

Sie berufen sich auf ihr allgemeines Steuerfindungsrecht und verweisen darauf, dass auch Zweitwohnungen oder Gewerbe besteuert würden. Als Hilfsargument führen sie an, dass mit der Hundesteuer ein Ausufern der Hundehaltung verhindert werden soll. Ob es diese Steuerungswirkung überhaupt gibt, ist nicht bewiesen. Mit anderen Worten: Viel mehr als ein kommunales Gewohnheitsrecht ist die Hundesteuer in ihrer rechtlichen Qualität nicht.

79 Prozent der Hundehasser finden Steuer sinnvoll

Die Hundesteuergegner haben gewichtige Argumente auf ihrer Seite. Zunächst einmal können sie darauf verweisen, dass diese Steuer, die es bis vor einigen Jahren noch in ganz Europa gab, heute nur noch in Deutschland erhoben wird – und in Namibia, wie Rechtsanwalt Vitt der Zeitschrift “Dogs” sagte. Es seien rechtliche Erwägungen und der Druck der Bevölkerung gewesen, die zur Abschaffung der Hundesteuer geführt hätten. Sie wurde nicht mehr akzeptiert und auch nicht mehr bezahlt.

In Deutschland ist das noch lange nicht so weit. Laut einer Umfrage des Forsa-Instituts halten 41 Prozent der Hundehalter, 61 Prozent der Hundefreunde und 79 Prozent der Hundehasser die Steuer für sinnvoll – allerdings glauben sie auch, dass sie zur Beseitigung des Hundedrecks verwendet werde.

Rechtlich verwundbar ist die Hundesteuer, wenn man sie am Gleichheitsgrundsatz misst. Der Staat darf nicht Gleiches ungleich und Ungleiches gleich behandeln. Die Gemeinden haben zwar ein Steuerfindungsrecht, doch dürfen sie keine Willkür walten lassen. Warum also wird der Aufwand für Hunde besteuert, der für Katzen, Pferde, Geckos, Schlangen, japanische Zierkarpfen oder Zwergschweine aber nicht?

Freund oder Fußabtreter

Eine allgemeine Heimtiersteuer ließe sich rechtlich wohl vertreten, politisch aber niemals durchsetzen – womit wir wieder bei der gewohnheitsrechtlichen Legitimation der Hundesteuer wären: Sie wird erhoben, weil bisher niemand wirklich dagegen aufgeschrien hat.

Dass sie “unethisch” sei, weil mit ihr ein Sozialpartner des Menschen besteuert werde, darf man allerdings bezweifeln, auch wenn die Mitgeschöpflichkeit der Tiere Verfassungsrang hat. Dieser Status bedeutet ja nicht, dass Tiere zum Beispiel nicht geschlachtet oder gejagt werden dürften. Und so bleibt es jedem überlassen, ob er seinen Hund als Freund oder Fußabtreter, Familienmitglied oder Nutztier betrachtet. Der Staat sollte sich da in Neutralität üben.

Vielleicht ließe sich ja eine Lösung finden, die gerecht wäre und die kommunalen Finanzen schonte. Es wäre zu erwägen, ob die Steuer nicht in eine zweckgebundene Gebühr umgewandelt werden sollte, die von allen erhoben wird, die sich mit ihren Tieren im öffentlichen Raum bewegen, also zum Beispiel auch von Pferdebesitzern.

Daraus könnten dann Hundeauslaufgebiete und Reitwege, Straßenreinigung, Tierheim und Tierkörperbeseitigung bezahlt werden. Fantasie ist gefragt. Eine Ewigkeitsgarantie hat die Hundesteuer nicht.

Quelle: beta.welt.de