Dr. Sebastian Goßmann-Jonigkeit: Hunde-RASSISMUS wird in NRW (noch) schlimmer

Dr. med. vet. Sebastian Goßmann-Jonigkeit
Dr. med. vet. Sebastian Goßmann-Jonigkeit

Dr. med. vet. Elke Jonigkeit
Dr. med. vet. Elke Jonigkeit

Recht unbemerkt ist vor genau 3 Wochen die Verwaltungsvorschrift zum LANDESHUNDEGESETZ von NRW geändert worden.

https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_vbl_detail_text…

Auf klassisch trockenem Beamtendeutsch wird u.a. erklärt, dass die bisher als ‘normal’ geltenden Hunderasse des Old English Bulldogs sowie der Miniatur Bullterrier unter gewissen Kriterien als Anlagehunde (Kampfhund) zu führen sind:

Die eingefügte Nummer 3.2.4 besagt, dass Miniatur Bullterrier nur eine Schulterhöhe von 35.5cm aufweisen dürfen weil die Größe die entscheidende Abgrenzung zum Standard Bullterrier sei. Somit gelten nach neuem Recht alle Miniatur Bullterrier mit mehr als 35.5cm als Standard und somit zu den Anlagehunden.

In Nummer 10 wird eingefügt, dass Old English Bulldogs kreuzungsbedingt zu mindestens 1/3 aus Anlagehunden (Bullmastiff, American Bulldog und Pitbull-Terrier) bestehen und sie dadurch als deren Kreuzung automatisch zu den Anlagehunden zählen.

Wenn die Anlage nur eine simple Liste wäre, würde sich vermutlich niemand aufregen, ABER die behördlichen Anforderungen an die Haltung von Anlagehunden sind mitunter sehr aufwendig und obendrein kostspielig (beispielsweise hohe Einzäunung des Grundstücks).
Es würde mich daher nicht wundern, wenn so mancher Miniatur Bullterrier oder Old English Bulldog aus finanziellen Gründen in den kommenden Wochen im Tierheim landet.

Andere Bundesländer machen es doch vor wie es geht: sie schaffen die Listen ganz ab, führen generelle Hundeführerscheine ein oder senken anderweitig die rassistischen Hürden.
In den vergangenen Jahren hab ich mich schon öfter in mehreren Artikeln zu diesem Thema zu Wort gemeldet, aber dass es noch schlimmer werden könnte, hätte ich nicht erwartet.
Was kommt als Nächstes? Neue Moderassen wie Puggle, Labradoodle u.ä werden mal proforma als Bestien eingestuft? Man kann ja nie wissen…

Ich, als Tierarzt mit täglich mehrfachem Hunde-Vollkontakt, würde gerne erfahren, ob auch nur eine einzige Person, die an der Erschaffung bzw. jetzt indirekten Änderung des Landeshundegesetzes beteiligt ist, jemals in ihrem Leben einem bösartigen Exemplar der ‘gefährlichen Rassen’ begegnet ist. Woher stammt dieser abstruse Gedankengang, dass sich Bösartigkeit vererben soll? Die moderne Genetik weiß schon seit Längerem, dass das absolut falsch ist.

Vielleicht merkt nicht jeder worauf ich hinaus will…
Es gibt kein fachliches Gutachten geschweige denn Studien darüber, die belegen, dass Hunde spezieller Rassen gefährlicher sind als Andere. Jeder Tierarzt wird dies übrigens auch berufsbedingt bestätigen können. Natürlich gibt es Rassen, die öfter in der Beißstatistik auftauchen als Andere. Hier ist der Deutsche Schäferhund lediglich ein Beispiel: er ist öfter vertreten weil er einfach viel häufiger gehalten wird als beispielsweise Akita Inus oder auch Bullterrier.
Trotzdem ist er kein Anlagehund.
Aber warum dann andere Rassen?

Wie schon geschrieben: in Kürze wird man die oben erwähnten Hunderassen bedeutend häufiger in den ohnehin schon überfüllten Tierheimen finden, weil Menschen Gesetze machen, die überhaupt keine Ahnung von der Materie haben.

Tierarzt Sebastian Goßmann-Jonigkeit (aus Engelskirchen nahe Köln)